Freitag, 9. Juni 2017

Rock in Vienna - Der Montag

Die Toten Hosen auf der Donauinsel mit großer Lichtshow. Foto: luserlounge
(ms) Das Rock In Vienna ist die österreichische Ausgabe der etwas künstlich hochgezogenen und aus dem Boden gestampften Festivals Rockavaria (München) und Rock im Revier (Gelsenkirchen). Die letztgenannten liefen in ihren ersten beiden Jahren so unverschämt gut, dass sie 2017 nicht mehr stattfanden. Schon vor zwei Jahren sickerten Berichte an die Öffentlichkeit, dass der Veranstalter, die DEAG, auf einem großen Schuldenberg nach der Verpflichtung von Metallica sitzt, die für zwei Gigs fast 7 Millionen Dollar sehen wollten und wohl auch sahen.
Auf der Donauinsel, im grünen Herzen Wiens, wurde das Festival jedoch dieses Jahr am langen Pfingstwochenende fortgesetzt und die Bookingabteilung hat einiges von Rock am Ring bzw. Rock im Park geholt. Wo letztes Wochenende Silbermond, Kings of Leon oder Macklemore gespielt haben, traten in den letzten Jahren tatsächlich Kiss und Rammstein auf. Eine klare Rückwärtsbewegung von ca. 50.000 Tagesgästen auf 15.000. Nur Die Toten Hosen ließen am Montag gut 25.000 Menschen zur einzigen Bühne am Wasser pilgern. Wir waren auch da.

Zur Organisation: Diese hatte einige Vor- und Nachteile. So konnte man gegen 15 Uhr relativ entspannt das Gelände durch einen zentralen Eingang betreten. Wer früh da war, kam zeitig durch, ob es später Engpässe gab: Keine Ahnung. Es gab ausreichend zu Essen und Trinken, jedoch für zünftige Preise: Ein großes Bier für 5€ plus Pfand ließ kurz stocken, aber was will man machen?! Die Sonne brannte und grillte die gut gelaunten Zuschauer, dafür gab es freie Trinkwasserstellen: Gute Angelegenheit. Diese waren jedoch direkt an den einzigen sanitären Anlagen angebracht. Das hieß: Später, als es schon voll war, mussten alle in die gleiche Richtung, um kurz Wasser zu lassen. Dieser massive Andrang hat genervt, da es hinter dem Klo-Einlass zügig und entspannt zur Sache ging.
Entspannt konnte man auch während der größeren Bands am Abend immer noch problemlos in die dritte oder vierte Reihe schlendern. Das hab ich vorher auf anderen Festivals noch nie erlebt. Wiener Eigenart und Freundlichkeit oder der entsprechenden Leere geschuldet?

Zur Musik: Zugegeben, von den ersten beiden Bands - The Living End und Clutch - haben wir nichts mitbekommen, da wir zwei bier- und redselige Humoristen aus der Steiermark getroffen haben und uns ein wenig verquatscht haben.
Los ging es für uns also mit Marteria und wir hatten Bock. Nur war es erstaunlich wie wenig Leute vor der Bühne standen. Diesen Eindruck konnte man Marten aus den Augen ablesen, der dafür mit einem feinen Best-Of diejenigen belohnt hat, die in der Sonne schwitzten. Und nicht nur Arnim Teutoburg-Weiß ließ es sich nehmen für einen Song zu featuren, Campino tanzte bei den letzten 20 Sekunden auch noch mit auf der Bühne. Es war wie ein kleines Klassentreffen dreier großer deutscher Bands in Wien. Dass Marteria den Leuten, die vorne standen dennoch eine gute Zeit verschaffen wollte, hat er umgesetzt und die Menge in Bewegung gesetzt.
Weiter ging es mit den Beatsteaks. Die sind auch nach über 20 Jahren Bandgeschichte nicht kaputt zu kriegen und lieferten einen astreinen Gig ab: Hut ab! Währenddessen haben wir der Wiener Jugend gezeigt, wie man friedlich und ausgelassen Pogo tanzt. Neben "Let Me In", "Summer", "Jane Became Insane" oder dem Evergreen "I Don't Care As Long As You Sing" spielten sie auch Neues vom im September erscheinenden Album "Yours". Läuft bei denen!
Den Abschluss und Besuchermagnet bildeten Die Toten Hosen. Zu einer riesen Lichtshow betraten die Punksenioren die Bühne und lieferten eine einstudierte Show ab. Mit zwei Stunden hatten sie eine doppelt so lange Spielzeit wie Marteria und die Beatsteaks jeweils und ritten durch die eigene Discographie bis zum aktuellen Album. Es gab politische Ansagen und ein paar Plattitüden. Diese ließen ab einem bestimmten Punk langweilen, da es im reinen Stadionrock mündete. Eine Band, die man als Musikliebhaber und Festivalgänger eventuell live gesehen haben muss, ein Mal reicht jedoch.

So endete ein heißer, kostspieliger Tag mit einer entspannten Heimfahrt, schweren Beinen und heiseren Kehlen.
Den Wienerinnen und Wienern sei zu wünschen, dass das Festival in den kommenden Jahren modifiziert stattfinden mag, falls die Veranstalter noch Geld haben.

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