Dienstag, 9. Mai 2017

Love A - "Nichts Ist Neu"

Die Love Academy. Foto: Andreas Hornoff.
(ms) Es ist gar nicht so lange her, da habe ich mich weit aus dem Fenster gelehnt und der gegenwärtigen Punkrockmusik ihre politisch-kritische Ader abgesprochen. Natürlich war das polemisch und überspitzt. Hier ist jetzt kein Ort, um sich rechtfertigen zu müssen.
Ein sattes Gegenbeispiel haben wir daher zu bieten: Love A bringen am Freitag ihr viertes Studioalbum über Rookie Records heraus. Ohne Umschweife: Es ist stark, es ist bärenstark und gibt dem Punkrock die Einstellung für die das Genre bekannt ist. Und das in einer brandheißen Zeit, in der Erdogan durchregiert, ein orangener Mann einem dicken Asiaten droht, le Pen sehr weit gekommen ist. Nur auf die AfD kann man sich verlassen, die zersetzen sich ganz gut selbst. In Frankreich kann man nun in den nächsten fünf Jahren beobachten, ob Michel Houellebecq Recht hatte mit seinem Roman.



Zurück zur Musik.
Letztes Jahr beim Pfingst-Openair in Essen haben sie noch vor der ersten Note damit kokettiert, dass sie die Band seien, die so wie Turbostaat klingen. Spätestens mit "Nichts Ist Neu" müssen sie das nun wirklich nicht mehr von sich behaupten, wobei diese Aussage auch falsch ist. Beide Bands, auch wenn sie im gleichen Genre angesiedelt sind, haben ihren eigenen Stil entwickelt. Turbostaat sind Textfüchse, die gern sehr kryptisch daher kommen. Die zwölf neuen Tracks von Love A sind zum Teil so herrlich direkt, dass es den Hörer jede einzelne Sekunde erfreut.
Natürlich ist nicht jedes Lied politikgesättigt, vieles spielt sich im Alltag ab und zeugt im Songwriting von einem sehr wachen Beobachtergeist!
Hier unser kleines Track-by-Track-Listening:

1. Nichts ist Leicht: Der Start mit einer satten Portion Gitarren, wie man es zu erwarten hat bei der Band. Doch: Bringt es wirklich nichts, wenn man sich nicht ändert? Es geht - wie der fatalistische Titel suggeriert - genauso los.
2. Nachbarn II: Das erste musikalische und textliche Ausrufezeichen der Platte. Es ist ein spitzfindiger Beitrag zu unserer anonymisierten Art zu wohnen und dem möglichen Verlorengehen in einer Gesellschaft voller Doppelmoral.
3. War Klar: Ein weiterer starker Song, der dem Hörer alle Freiheiten für Interpretationen gibt, denn ob die Zeilen persönlich oder gesellschaftlich (oder oder oder) gemeint sind, wird zum Glück nicht klar. Sonst wird es ja auch schnell langweilig. Und Langeweile kommt in diesen 41 Minuten sicherlich nicht auf.
4. Die Anderen: Ein gutes Beispiel bei dem man veranschaulichen kann, dass eine Band manchmal nicht die wuchtigsten Songs als Single auskoppeln. Diese wurde aber mit einem herrlich trashigen Video versehen, in dem niemand geringeres als Claus Lüer (Knochenfabrik, Casanovas schwule Seite) tanzt.
5. Unkraut: Höhepunkt! Nachrichtenflut, Rechtsruck: "Weil's keine Grenzen gibt, was den Hass anbelangt." Kann man so stehen lassen.
6. Treeps: Leck mich, es geht einfach brutal stark weiter!
7. Sonderling: Rollenverständnis, Ins, Outs, Trends, wer ist normal, was ist normal und wer ist tatsächlich Individualist? Und: Ist die eigene Nische wirklich alles, was uns bleibt?
8. Löwenzahn: Die deutsche Kultur mit ihren schlechten Tugenden werden hier scharf ins Visier genommen, die im allerbesten AfD-Stil aufblühen.
9. Kanten: Den eingefleischten Fans schon von einer 7" bekannt. Und: Was ist denn für ein heftiger Bass am Anfang?
10. Monaco: "Es ist nicht alles Gold, was tanzt." Aber diese Gitarren, Gitarren, Gitarren. Ganz großes Ohrwurmpotential.
11. Weder Noch: Ein weiteres gutes inhaltliches und punkrockiges Lied, welches meine These von oben eindrucksvoll widerlegt.
12: Verlieren: Ende.

Wir empfehlen den Kauf aufs Wärmste.
Hier sind Jörkk, Stefan, Dominik und Karl demnächst unterwegs:

11.05. - Münster, Gleis 22
12.05. - Nürnberg, Desi
13.05. - Berlin, Festsaal Kreuzberg
24.05. - Hamburg, Molotow
25.05. - Düsseldorf, Zakk
26.05. - Wiesbaden, Schlachthof (+ Keele)
27.05. - Leipzig, Conne Island (+ Keele)
01.07. - Trier, Sommerbühne Festival @Exhaus
14.07. - Dortmund, Youth Brigade Festival
21./22.07. - Cuxhaven, Deichbrand Festival
20.-23.09. - Hamburg, Reeperbahnfestival
29.09. - Hannover, Faust
30.09. - Flensburg, Volxbad
01.10. - Rostock, PWH
02.10. - Bremen, Tower
27.10. - Weinheim, Café Central
28.10. - Koblenz, Circus Maximus


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